Eine gute Nachricht vorneweg: außerhalb Deutschlands wird dem Praktikums- bzw. Arbeitszeugnis lange nicht so eine persönlichkeitsbezogene Bedeutung beigemessen wie bei uns. In vielen Ländern ist diese Form der „Bewertung“ eines Arbeitnehmers sogar unüblich. Rechtliche Ansprüche auf ein Arbeitszeugnis bestehen überhaupt nur in in Deutschland, Österreich, Frankreich und der Schweiz.
Entsprechend fallen die Rahmenbedingungen für ein Praktikumszeugnis aus. Hierbei wird es sich normalerweise eher um eine Praktikumsbescheinigung handeln – also eine reine Bestätigung über die Art und Dauer des Praktikums. Da Englisch überall auf der Welt gesprochen wird, sollten Arbeits- und Praktikumsnachweise in dieser Sprache verfasst sein. Dass Praktikumsbescheinigungen international sehr knapp und sachlich ausfallen, bringt übrigens einen Vorteil mit sich. Die versteckten (und oft tückischen) Formulierungen deutscher Arbeitszeugnisse kennt man im Ausland so gut wie gar nicht.
In der Regel sind Firmen in Deutschland mit diesen Gegebenheiten vertraut, insbesondere, wenn es sich dabei um international agierende Unternehmen handelt. Die wenigsten von ihnen erwarten von ihren künftigen Arbeitnehmern ein „qualifiziertes Praktikumszeugnis“ einer Firma aus dem Ausland. Eine Ausnahme bilden eventuell spezielle – etwa handwerklich geführte – Betriebe, bei denen Du während deines Praktikums besondere Fertigkeiten erworben oder in das Unternehmen eingebracht hast. Wenn für Dich aus solchen oder anderen persönlichen Gründen ein umfangreicheres Praktikumszeugnis wichtig ist, solltest Du Deinen ausländischen Arbeitgeber darauf ansprechen. Er wird mit Dir zusammen sicher die passenden Formulierungen finden.
Sachlich, neutral und für jedermann zu verstehen: das A und O für Arbeitszeugnisse in Europa
Diese wesentlichen Punkte sollten in jedem Fall in einem Praktikumszeugnis stehen:
- Name und Firmensitz des Arbeitgebers
- Name und Geburtsdatum des Praktikanten
- Beginn und Ende des Praktikums
- Art und Umfang der Aufgaben und Tätigkeiten
NICHT enthalten darf ein Arbeitszeugnis diskriminierende Aussagen zur Person des Arbeitnehmers oder Hinweise auf Krankheiten.
Praktikumszeugnis Österreich
In Österreich stellt man dem Arbeitnehmer ein sogenanntes Dienstzeugnis aus, das Art und Umfang der Beschäftigung bezeichnet. Wer möchte, kann man dort seinen Arbeitgeber um ein qualifiziertes Zeugnis bitten. Ansprüche darauf bestehen laut Gesetz nicht.
Eine Besonderheit: Gegen vermeintlich unpassende Formulierungen können keine Rechtsmittel eingelegt werden.
Praktikumszeugnis Schweiz
Anders in der Schweiz – hier sind qualifizierte Arbeitszeugnisse sogar üblich. Schlichte Arbeitsnachweise muss der Arbeitnehmer ausdrücklich verlangen. Dafür unterliegen Zeugnisse in der Schweiz in hohem Maße den Grundsätzen der Wahrheit, Klarheit, Verständlichkeit und des Wohlwollens.
Im Mittelmeerraum setzt man auf Netzwerke und gute Kontakte.
Praktikumszeugnis Italien
In Italien nennt man das Arbeitszeugnis „certificato di lavoro“. Der Inhalt liegt im Ermessen des Arbeitgebers, wobei sich die Parteien meist darüber absprechen. Netzwerke spielen in der italienischen Geschäftswelt eine große Rolle, daher sind Zertifikate in Form eines Empfehlungsschreibens sehr verbreitet. Allerdings wird auch hier der Arbeitnehmer nicht im selben Maß „beurteilt“ wie in Deutschland. Rechtliche Ansprüche auf so eine Empfehlung bestehen nicht.
Praktikumszeugnis Spanien
Ähnlich ist die Situation in Spanien. Auch dort gibt es Empfehlungsschreiben, die besonders für Studenten als spätere Referenz wichtig sein können. Rechtliche Ansprüche hat der Praktikant darauf keine. Hervorzuheben ist noch, dass Arbeitgeber in Italien und Spanien keine Informationen über Arbeitnehmer an Dritte weitergeben dürfen. Sollte dies gewünscht sein, bedarf es dazu der Zustimmung des Arbeitnehmers.
Praktikumszeugnis Frankreich
Das französische „certificat de travail“ ist dem deutschen Arbeits- oder Praktikumszeugnis sehr ähnlich. Es enthält aber (außer dem Grund für das Ende des Arbeitsverhältnisses) keinerlei Informationen über das Verhalten und die Leistungen des Praktikanten. Auch in Frankreich kennt man keine „verschlüsselten“ Begriffe. Diese Rahmenbedingungen sind sogar im Französischen Arbeitsgesetz (Code du Travail) geregelt.
Im englischsprachigen Raum: Referenzen als Motor für die Karriere
Die Wirtschaftswelt der englischsprachigen Länder hat in vielen Bereichen ihre eigenen Standards. So folgen auch in Großbritannien, den USA und Kanada die Arbeitsnachweise anderen Grundlagen als in Europa. Das klassische Arbeitszeugnis – so wie wir es kennen – ist im angelsächsischen Raum nahezu unbekannt. Allerdings läuft in diesen Ländern sehr vieles über „references“, also einer Art Empfehlungsschreiben.
Wichtig zu wissen: diese Schreiben werden nur auf Anfrage des Mitarbeiters ausgestellt.
Praktikumszeugnis Großbritannien
Für Arbeitnehmer innerhalb Großbritanniens und den USA haben die Referenzen nicht selten einen höheren Stellenwert als die eigentliche Berufsqualifikation. In Großbritannien muss der Aussteller nicht unbedingt ein Vorgesetzter oder ein höher gestellter Mitarbeiter sein. Suche Dir deshalb als Praktikant eine Person Deines Vertrauens aus, die Deine Fähigkeiten und Leistungen gut einzuschätzen weiß.
Wer sein Praktikum in England absolviert hat und in Deutschland eine Bewerbung anstrebt, sollte sich um ein „To whom it may concern“ bemühen. Es ist vergleichbar mit dem deutschen Praktikumszeugnis und ähnelt diesem auch in Form und Inhalt. In ausländischen Niederlassungen deutscher Konzerne sind solche Dokumente häufig Standard.
USA
In den USA haben references ebenfalls eine lange Tradition. Anders als die Zertifikate aus den meisten übrigen Ländern unterscheiden sie sich aber in einem wesentlichen Punkt: Sie sind immer an einen bestimmten Adressaten gerichtet. Üblicherweise werden sie speziell für den künftigen Arbeitgeber ausgestellt. In den letzten Jahren sahen sich viele amerikanische Firmen oft mit hohen Schadensersatzforderungen bezüglich dieser Empfehlungsschreiben konfrontiert. Daher geht man auch in den USA mehr und mehr dazu über, neutral gehaltene Arbeitsbescheinigungen zu erstellen.
Unser Tipp:
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