Wie wir in Zukunft arbeiten werden, hängt nicht nur von äußeren Bedingungen ab. Theoretisch bestehen sehr viele Möglichkeiten für Unternehmen und Mitarbeiter, Arbeitsplätze aktiv an die Anforderungen einer geänderten Arbeitswelt anzupassen oder auch vollkommen neue Konzepte zu erproben.
Kreativ, innovativ, mobil und vernetzt: Ist das die Zukunft des Arbeitens?
Dass technische und gesellschaftliche Weiterentwicklung die Arbeitswelt immer wieder massiv verändert haben, ist nicht neu. Die industrielle Revolution des späten 18. und 19. Jahrhunderts gilt bis dato als letzter großer Umbruch in der Geschichte der menschlichen Arbeit. Der Digitalisierung wird von manchen Autoren aus den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften eine ähnliche gesellschaftsverändernde Bedeutung zugemessen: Sie soll unser Leben in den kommenden Jahrzehnten komplett umkrempeln.
Diese Annahme erscheint nicht ganz unberechtigt. Betrachtet man die digitalen Entwicklungen der letzten 20 Jahre, kann man eine rasante und tiefgreifende Veränderung vieler Prozesse aus dem Alltag und dem Arbeitsleben wohl kaum in Abrede stellen: Wir haben unser Smartphone oder Tablet stets griffbereit, chatten anstatt zu telefonieren, halten auf Facebook Kontakt mit Freunden, bestellen Waren und Dienstleistungen online, und auch viele administrative Aufgaben lassen sich inzwischen unkompliziert über digitale Anwendungen erledigen.
Diese Art der Kommunikation mag vielen unpersönlich erscheinen. Hinter all diesen Vorgängen stehen jedoch Menschen, die ihre Arbeitskraft und ihre kreative Energie dafür einsetzen, dass diese Systeme auch funktionieren. Viele ihrer Arbeitsplätze sind in den letzten Jahren neu entstanden.
Es gibt eine gegenseitige Abhängigkeit:
Neue Technologien erfordern neue Qualifikationen, Berufsbilder verändern sich oder verschwinden gänzlich.
Vorreiter für innovative Arbeitsplatzgestaltung
Dass kreatives und teilweise hoch qualifiziertes Arbeiten sich nicht unbedingt mit einer Tätigkeit im Großraumbüro oder am hermetisch abgeschotteten Schreibtisch vereinbaren lässt, wurde den relevanten Arbeitgebern im Bereich der digitalen Innovationen schon früh klar. Großkonzerne wie Microsoft, Google und Facebook gelten daher als Vorreiter für die Implementierung innovativer Arbeitsplatzgestaltung. Bilder ihrer „Showcase-Büros” und die Vorteile, die Arbeitnehmer dort genießen, haben in den Medien vielfach die Runde gemacht.
Der Arbeitsplatz als Wohlfühlzone
Das Prinzip des Arbeitsplatzes als Wohlfühlzone, in dem man nicht nur seiner beruflichen Tätigkeit nachgeht, sondern auch vielfältige Freizeit- und Erholungsangebote in Anspruch nehmen kann, hat sich bei den drei Großen der Digitalszene offensichtlich gut bewährt.
Das ist auch nicht weiter erstaunlich: Wem in der Arbeitszeit die Motivation ausgeht, der spielt einfach eine Runde Ping Pong mit den Kollegen, genießt einen Kaffee auf der begrünten Dachterrasse, erholt sich auf dem Massagestuhl oder zieht sich zum Nachdenken in eine gemütliche Sofaecke zurück. Unter solch privilegierten Bedingungen fällt das Kreativsein naturgemäß leichter.
Arbeitsplatzgestaltung neu: Welche Modelle werden sich durchsetzen?
Das haben auch weniger IT-affine Unternehmen längst entdeckt. Viele Traditionsunternehmen aus anderen Sparten ermöglichen ihren Mitarbeitern mittlerweile flexible Arbeitszeitmodelle und ein ausgewogenes Verhältnis von klassischer Bürotätigkeit und Home- und Remotearbeit. Ergonomie am Arbeitsplatz, flexible Raumlösungen und Creative Spaces sind auch dort keine Fremdwörter mehr.
Vor allem Start-ups setzen aber bevorzugt auf neue Modelle der Arbeitsplatzgestaltung. Dabei sollen die Wünsche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vordergrund stehen, das Unternehmen selbst jedoch ebenfalls höchstmöglichen Profit ziehen. So sind die Ausgaben für Büroräumlichkeiten gerade bei neu gegründeten Betrieben ein wesentlicher Kosten- und damit auch ein Risikofaktor. Die Verlagerung eines Großteils der Bürotätigkeiten ins Homeoffice ist deshalb naheliegend.
Ein gewisser Gestaltungsspielraum für innovative Arbeitsplatzkonzepte ist jedoch in fast allen Betrieben vorhanden. Welche Konzepte letztlich als sinnvoll erachtet werden und auch umsetzbar sind, ist branchenabhängig und hängt auch von der Mitarbeiterstruktur ab.
Zu den Kriterien, die an einen modernen Arbeitsplatz gestellt werden, zählen unter anderem:
- flexible und frei wählbare Arbeitszeiten für eine gute Work-Life-Balance
- Jobsharing und Tandem-Jobs: Teilzeitmitarbeiter teilen sich einen Vollzeitjob
- eine hochwertige IT-Ausstattung und schnelle Netzanbindung
- ortsunabhängiges Arbeiten mit Daten in der Cloud
- neue Formen der Zusammenarbeit im Team und mit Kunden
- neue Konzepte der Arbeitsumgebung: Open Space & Free Seating ohne zugewiesenen Arbeitsplatz, Creative Spaces zur Inspiration
- papierlose Arbeit
- eine ergonomische Arbeitsumgebung und Wohlfühlathmosphäre im Büro
- Einsatz mobiler Geräte für standortunabhängiges Arbeiten
- geringe Präsenzpflicht im Büro
- intelligente Arbeitsumgebungen mit „Internet of Things” und Sensoren
- Regenerations- und Rückzugsräume, Meeting Points und Team Offices sorgen für Bewegung und laden zu Interaktionen ein
- Mobile Office und Homeoffice: Arbeiten von überall und Arbeiten von zuhause aus
Welche Ziele verfolgen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit dem „Arbeitsplatz der Zukunft”?
Nicht immer decken sich jedoch die Wünsche von Arbeitnehmern an ihre Arbeitsplatzgestaltung mit jenen der Unternehmen. Das „Arbeiten ohne Schreibtisch” ist auch nicht für alle Arbeitnehmerinnen gleich attraktiv – Alter, Geschlecht, IT-Affinität und persönliche Lebenssituation können etwa Faktoren sein, die die persönliche Einstellung zu Homeoffice und mobilen Arbeitsplätzen deutlich beeinflussen.
Das wurde besonders zu Beginn der Covid-Krise 2020 deutlich: Während viele Arbeitnehmer die erzwungene Arbeit von zuhause aus als Erleichterung in einer ohnehin angespannten Situation empfanden, stieß das Homeoffice vor allem bei Menschen mit Betreuungspflichten und/oder ohne ausreichende räumliche Voraussetzungen auf wenig Gegenliebe.
Ziel von Unternehmen ist jedoch, durch die Attraktivierung der Arbeitsplatzumgebung und das Bereitstellen unterschiedlicher Arbeitszeitmodelle und Zusatzleistungen im Kampf um qualifizierte Mitarbeiter möglichst weit vorne zu liegen, im „War of Talents” gegenüber Konkurrenten zu bestehen und für eine hohe Mitarbeiterbildung zu sorgen. Das geht nur mit den Mitarbeitern und sicher nicht – wenn auch möglicherweise unbeabsichtigt – gegen sie.
Einbindung des Mitarbeiters ist wichtig!
Die Transformation vom traditionellen zum neuen Arbeitsplatz sollte also besser unter weitgehender Einbindung der Belegschaft in Entscheidungsprozesse vor sich gehen. Umstellungen gehen immer mit Risiken Hand in Hand, und eine fehlende Akzeptanz durch die Mitarbeiter kann jedes noch so gut geplante und durchdachte Arbeitsplatzprojekt zum Scheitern bringen. Deshalb gilt es, auch negative Aspekte einer Arbeitsplatztransformation zu berücksichtigen.
Das sind zunächst Unterschiede bei den Arbeitnehmern selbst, die ausgeglichen werden sollten, um eine faire Neugestaltung zu ermöglichen. Ältere Arbeitnehmer haben hier oft Nachteile. Sie gelten als weniger flexibel und sind es in mancher Hinsicht möglicherweise auch: Wer schon lange in einem bestimmten Betrieb arbeitet, hat sich vielleicht an Abläufe gewöhnt, die er als besonders positiv empfindet. Dabei kann es sich um die enge Zusammenarbeit und den intensiven Austausch mit Kollegen und Kolleginnen, die eingeschworene Bürogemeinschaft, gemeinsame Rituale wie Kaffeetrinken oder die gemeinsame Anfahrt zum Arbeitsplatz handeln. Brechen diese motivationsfördernden Aspekte plötzlich weg und wird stattdessen das Einarbeiten in vollkommen neue Arbeitsweisen verlangt, sind negative Auswirkungen auf die Motivation die naheliegende Folge.
Auch Homeoffice birgt Gefahren
Im Homeoffice kann das Gefühl der Isolation dazu führen, dass Überforderung und Motivationsverlust entstehen. Plötzlich ist niemand da, den man mal schnell etwas fragen kann, der unterstützend auf die Schulter klopft, Bonbons anbietet oder einfach zuhört, wenn ein Problem auftaucht. Damit geht eine wichtige soziale Ressource der Büroarbeit verloren, die sich auch durch Chats oder Videokonferenzen nicht einfach ausgleichen lässt. Für viele Arbeitnehmer ist es schließlich schwierig, beim Arbeiten von zuhause aus die notwendige Disziplin aufzubringen.
Traditionelle Arbeitsumgebungen haben deshalb durchaus noch Zukunft
Viele Unternehmen, die zunächst auf reines Homeoffice setzen, kehren inzwischen zu einer zumindest tageweisen Anwesenheit im Büro zurück. Das ist auch im Sinne der meisten Arbeitnehmerinnen. Bei Umfragen stellte sich die Variante einige Tage Büro, einige Tage Homeoffice als die mit Abstand beliebteste heraus.
Unser Fazit zum Arbeitsplatz der Zukunft
Bei der Gestaltung der neuen Bürokonzepte lassen sich Vorreiter wie Google und Microsoft, aber auch die vielen kleinen Start-ups, die in den letzten Jahren auf Mitarbeiterbeteiligung, Eigenverantwortung und kreatives Arbeiten setzten, durchaus als Vorbild nehmen. Es muss nicht gleich ein voll ausgestatteter Campus wie im Silicon Valley sein – viel Gestaltungsfreiheit, Ruhe- und Erholungsmöglichkeiten, eine ansprechende Arbeitsathmosphäre und eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung sind aber schon einmal ein guter Start, wenn es um den Arbeitsplatz der Zukunft geht.